Erste Ergebnisse unserer Fragebogenstudie: Selbstbefriedigung
Einige von Euch werden sich schon eine Zeit lang fragen, wann es endlich Ergebnisse der Fragebogenstudie zu Sex und Gesundheit gibt. Jetzt! Nachdem wir inzwischen über 500 Teilnehmer*innen beisammen haben (vielen Dank allen, die mitgemacht haben!), haben wir die Studie abgeschlossen und auch schon einen ersten Blick in die Daten geworfen. Die meisten Auswertungen sind eher speziell und für ganz spezifische Fragestellungen und Publikationsprojekte. Aber die Daten bieten Material für jede Menge spannende allgemeine Auswertungen, die ich Euch Stück für Stück in den nächsten Wochen vorstellen will. Anfangen will ich mit einem Thema, von dem ich denke, dass es viele besonders interessiert, auch weil so selten darüber gesprochen wird: Selbstbefriedigung.
In der ersten Grafik könnt Ihr sehen, wie häufig sich die Personen, die an unserer Studie teilgenommen haben und auf diese Frage antworten wollten, selbst befriedigen. Man sieht dabei deutlich, dass Männer* häufiger masturbieren als Frauen*. Zum Vergleich hier (und das dürfte für viele nicht weniger interessant sein) die Häufigkeiten für Sex mit anderen Menschen:
Für mich hat sich da die Frage gestellt: wie hängen diese beiden Dinge zusammen? Befriedigen sich Menschen, die weniger Sex haben zum Ausgleich häufiger selbst (bzw. brauchen Menschen die sich häufig selbst befriedigen weniger partnerschaftlichen Sex?). Oder ist es andersherum und Menschen, die viel Sex mit anderen haben, haben auch viel Sex mit sich selbst? Tatsächlich ist letzteres der Fall, wie man in der folgenden Grafik sehen kann.
Dieser Zusammenhang ist nicht wahnsinnig stark aber sowohl für die Gesamtgruppe als auch für die Untergruppe der Männer statistisch bedeutsam. Eine denkbare Erklärung wäre, dass Menschen die häufiger Lust auf Sex haben (einen stärkeren Sexualtrieb haben, wenn man so will) sowohl häufiger masturbieren, als auch häufiger Sex haben.
Auch interessant: die Häufigkeit von Selbstbefriedigung hat keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Sexualleben, wohingegen die Häufigkeit von Sex (mit anderen) und die Zufriedenheit mit dem Sexualleben hoch korreliert sind. Das liegt sicher auch daran, dass Selbstbefriedigung für viele gar nicht unter die Begriffe Sex und Sexualleben fällt und sie das deswegen bei der Beantwortung der Frage nicht berücksichtigt haben dürften. Sprich: Selbstbefriedigung kann noch so erfüllend und schön sein, da sie für viele einfach nicht Sex ist, hat das auch keine Einfluss auf Ihre Antwort auf die Frage nach ihrer sexuellen Zufriedenheit.
Nun interessiert mich aber vor allem: welche Fragen, welche Antworten, welche Analysen aus den Fragebogendaten interessieren Euch besonders? Was soll ich mir genauer anschauen? Worüber wollt Ihr hier in den nächsten Wochen mehr lesen?
Interessante Ergebnisse – auch wenn das meiste wenig verwunderlich scheint. Überraschend finde ich, dass die Selbstbefriedigungshäufigkeit (zumindest in der vorliegenden Einteilung der Klassen) zwei Peaks hat…
Ich glaube, in der Legende zur Korrelationsgrafik der beiden Häufigkeiten liegt ein Fehler vor – die Frage sollte wohl nicht als Antwortoption (rotbraune Balkensegmente) aufscheinen.
Ich bin schon sehr gespant auf weitere Ergebnisse – zB. dazu, wie verschiedene Leute Sex definieren (was für mich eine der schwierigsten Fragen in diesem Kontext ist).
Was mich außerdem speziell interessieren würde: Wie geht ihr mit der im Licht der Datenbeschaffungskanäle offensichtlichen Nichtrepräsentativität der Stichprobe um?
Ja, ist meistens so in den Sozialwissenschaften, dass einen die Ergebnisse wenig wundern ;-). Wobei ich im Vorhinein nicht sicher war, wie sich die Häufigkeit von partnerschaftlichem Sex und Selbstbefriedigung zueinander verhalten.
Danke für den Hinweis auf den Fehler, das werde ich ausbessern!
Zur Repräsentativität der Stichprobe: ja das ist ein Problem! Vor allem für Auswertungen wie diese: Häufigkeitsverteilungen implizieren ja immer irgendwie, dass damit etwas über Häufigkeiten in der Grundgesamtheit ausgesagt wird. Das ist aber hier natürlich aufgrund der Selbstselektion sehr zweifelhaft. Die wissenschaftlichen Fragestellungen, die wir mit dieser Erhebung beantworten wollen (und zu denen wir publizieren wollen), beziehen sich aber auf den Zusammenhang von Variablen (Korrelationen z.B. oder Mittelwertsdifferenzen etc.). Und hier ist dann die Repräsentativität schon nicht mehr so wichtig wie bei Häufigkeiten. Damit hier ein Bias entstünde, müsste in einer Subpopulation eine bestimmte Variable hoch mit einer anderen korreliert sein und in einer anderen beispielsweise überhaupt nicht oder negativ. Und dann müsste eine der beiden Gruppen stark überrepräsentiert sein oder überhaupt nicht teilgenommen haben. Das ist deutlich unwahrscheinlicher. Entsprechend sind in den Sozialwissenschaften, in denen es ja meist um Zusammenhänge zwischen Variablen geht, solche “Convenience Samples” eigentlich die Regel.
Verstehe, ja, das klingt sinnvoll. Danke für die Erklärung :).
Umso kritischer sehe ich im Bewusstsein dieser Limitierungen aber die Darstellung der Ergebnisse hier, die doch sehr auf Häufigkeiten fokussiert sind und Korrelationen fast schon nur nebenher erwähnen…